Da ich vor zwei Jahren zur Riege der leidenschafllichen Mountainbiker gestossen bin und Barbara schon seit längerem dieses lässige Hobby pflegt dachten wir uns das wär was fürs Jahresprogramm 2006 - eine 3-tätige Bikesession im Dreiländereck Österreich-Schweiz-Italien. Wer kann schon behaupten an einem Tag durch 3 Länder geradelt zu sein ?!
Wir recherchierten drauf los um über Reiseroute, Unterkünfte und den geplanten Touren bescheid zu wissen.
Abreisetermin wäre der 4. - 6. August 06 gewesen - wenn sich irgendwer angemeldet hätte....
Leider sind wir mit diesem Projekt auf weniger Interesse gestoßen als wir dachten, möglicherweise hat die Tourbeschreibung für Abschreckung gesorgt.
Da ich die Tour aber unbedingt durchziehen wollte, mobilisierte ich kurzerhand meinen Freundeskreis und fand bald drei gleichgesinnte, die Feuer und Flamme waren: Wolfi (passionierter Rennradlfahrer), Andi (längjähriger MTB-Crack) und sein Cousin Tom (zacher Bursch).
Wetterbedingt wurde mit den Terminen jongliert, bis wir das Wochenende vom 28.9. - 1.10.06 fixierten.
Da Nauders keine Knappheit an Unterkünften besitzt, buchten wir ein super-gemütliches und extrem günstiges Appartment im Zentrum der Metropole am Reschenpass.
Wolfi bestellte im Internet einen Tourguide von Nauders, der wie sich später herausstellen sollte eher dem Sprichwort "Aussen hui, innen pfui" gerecht wurde...
Am Donnerstag, nach der Arbeit holte ich die drei Jungs ab und wir machten uns auf den Weg gen Westen, der länger und mühsamer wurde als im Routenplaner ausgerechnet. Nach ca. 7 Stunden trafen wir nach Mitternacht in Nauders ein und fielen todmüde ins Bett.
Am nächsten Tag, die Sonne lachte bereits vom Himmel starteten wir nach einem kräftigen Kohlenhydrat-Frühstück (das Nutella reichte nur für 2 Tage :) die Akklimatisationstour, nämlich die Schweizerrunde, eine tolle Tour mit 32km und 1.350 Höhenmeter.
Von Nauders steigt´s gleich mal resch an auf die Norbertshöhe, von wo man einen "fetten" Downhill runter nach Martinsbruck erlebt (die steilsten Passagen werden nur von den mutigsten der Mutigen gefahren - wir haben geschoben), wo man über die Grenze in die Schweiz radelt. Nun warten 700Hm am Stück auf uns, die wir in Serpentinen auf einer kleinen Straße zurücklegen, der schöne Blick ins Inntal macht das Treten sehr kurzweilig. Zu Mittag sind wir am höchsten Punkt, wo wir uns eine kleine Mittagspause genehmigen.
Wolfi hatte leider mit einer starken Verkühlung zu kämpfen und hoffte darauf, dass diese bis zum nächsten Tag abklingen würde um die Dreiländertour mitfahren zu können.
Auf 1.740 Metern Seehöhe ging´s dann weiter auf traumhaften Wald- und Wiesenwegen bis zu einem idyllischen Dorf namens Tschlin, wo man das Gefühl hat durch die Zeit gereist zu sein. Alte Steinhäuser, Straßen aus Kopfsteinpflaster und in der Mitte des Ortes ein prächtiger Dorfbrunnen mit herrlichem Quellwasser.
Nach einem rasanten Downhill trafen wir in Strada am Inn ein, von wo wir den Rückweg in die Heimat antraten. Knapp 450Hm später passieren wir die Grenze und kehren auf Singletrails zurück nach Nauders.
Den Abend gestalteten wir gemütlich bei einem kräftigen Essen und ein paar wohlverdienten Bierlis...
Für die morgige Dreiländertour, die uns auf 71km und knapp 2.100 Hm konditionell alles abverlangen wird, gingen wir nicht allzuspät schlafen.
Wolfi´s Verkühlung wurde über Nacht leider schlimmer weshalb er die Entscheidung traf, die Tour nicht mitzufahren um sich auszukurieren (und uns kulinarisch zu verwöhnen...) Tagwache um 7:00 Uhr, Trinkflaschen füllen, Powerbars einpacken, eine letzte Schmierung der Ketten und Federgabeln und los geht's.
Am Vortag erhielten wir von einem ortskundigen Mountainbiker (gottseidank) die Info, dass wir die Tour nicht gegen den Uhrzeigersinn fahren sollen, sondern andersrum, da es so viel schöner zu fahren sei. Wie recht er hatte, wir waren echt dankbar für diesen "Gold-Tip" und ziemlich grantig auf den Schreiber des Tourenguides bike-line ©. Von Nauders radelten wir auf den höchsten Punkt des Reschenpasses, von dort weiter zum Reschensee, wo wir natürlich einen Fotostop bei der abgesoffenen Kirche machten und mehr als 20Km einen stetig leicht abfallenden Radweg nach Schleiß (I) folgten.
Unbarmherzige 1300Hm werden wir nun von hier hinauf zur Sesvennahütte zu bewältigen haben (bei einer kurzen Trinkpause kämpfe ich gerade gegen das schlechte Gewissen an, möglicherweise 1-2 lange Trainingstouren zu wenig gemacht zu haben...Andi dementiert aber glücklicherweise mit: Ah, des wird locker gehen!) Anfangs ging´s noch angenehm auf Asphalt dahin, dann schon wurde es lockerer Schotter und die Steilheit nahm unablässig zu (Wolfi hätte gesagt: "Do stöllt sie jetz die Wölt oba gscheit auf..."). Um 13 Uhr hatten wir es schließlich geschafft, die Sesvennhütte (2.250m) war zum Greifen nah, und das war gut so, denn meine Oberschenkelmuskel kündigten schon leichte Krampfattacken an. Die letzten 200Hm mussten wir das Mountainbike schieben, da es auf dem steilen Geröllweg unmöglich war zu fahren. Wir stärkten uns ausgiebig und setzten die Tour fort Richtung Val D`Uina Schlucht, die sich schon in der Schweiz befindet.
Im 1. Weltkrieg wurde hier ein Passweg aus dem Fels gesprengt, der wenig bis gar nicht abgesichert ist und deshalb das Fahren unmöglich macht. Während wir das Radl hier runterschieben, denke ich an die vielen Soldaten, die hier unter extremen Bedingungen sinnlos ihr Leben lassen mussten.
Wir bemitleideten die anderen Mountainbiker, die uns entgegenkamen und das Rad mühsam hier raufschieben/tragen mussten (die hatten leider nicht das Glück den Tip zur Routenänderung erhalten zu haben).
Nach der spektakulären Schlucht, war Schluß mit Schieben und ein rasanter Downhill von 1.100Hm nach SurEn (CH) im Inntal ließ uns alle Strapazen der letzten Stunden vergessen.
Nun mussten wir noch das Tal raustreten und über die Norbertshöhe (die letzten 450Hm) retour nach Nauders schaffen. Es war höchste Zeit wieder daheim zu sein, denn es wurde langsam finster. Ausgepowert, verschwitzt und komplett verdreckt ließen wir es uns aber nicht nehmen noch ein Belohnungsbierli in einem kleinen Kellerlokal zu nehmen und die Erlebnisse der letzten zwei Tage Revue passieren lassen.
Wolfi wartete im Appartment schon mit vollen Töpfen Spaghetti auf die Heimkehrer-ein Mann zum Heiraten : Am dritten und letzten Tag in diesem Bike-Eldorado unternahmen wir vormittags noch eine kleine Biketour namens "2 Seen-Runde", eine Genusstour zu zwei idyllischen Bergseen, mit einem kurzen, knackigen Downhill (passend für Andi und Tom) über heftig verwurzelte Singletrails.
Wir waren froh, dass diese drei Tage so perfekt verlaufen sind, ohne Pannen und Schlechtwettereinbrüche wurden die Touren in unseren Köpfen unter der Kategorie "Spitzen Erlebnis" unauslöschbar abgespeichert!